Sanktionen sind tödlich, geschäftsschädigend und verfassungswidrig!

von Evelyne Koitzsch

Dresden, 03.07.2016

Unsere Regierung und die Jobcenter interessieren sich nicht dafür, wie viele Menschen durch Hartz IV bereits in den Tod getrieben wurden oder durch Sanktionen verhungert sind, s. rechte Spalte: "Die Opfer der Agenda 2010". Das ist Genozid an einem Teil der Bevölkerung durch unterlassene Hilfe­leistung und hat mit einem Rechts- oder Sozialstaat nichts mehr zu tun: das ist Faschismus

Einen faschistischen Staat erkennt man u.a. daran, dass man eine Gruppe Menschen selektiert, ihnen ihre Grundrechte raubt, sie öffentlich dämonisiert, terrorisiert und für sie eigene Gesetze schafft, wie damals unter Hitler für Menschen mit Behinderung, Arbeitslose, Juden, Sinti, Roma u.a. Minder­heiten. Und genau das passiert heute bei Hartz IV!

Das glauben Sie nicht?! Ralph Boes ist in Österreich nach einem Vortrag über Hartz IV angezeigt worden, weil er einen "faschistischen Text" vorgelesen und kommentiert hatte: die Rechtsfolgenbelehrung auf der Rückseite der Eingliederungs­verein­barung...! 

Ja, die Österreicher merken das noch, die Deutschen nicht! Von einem Sozial­staats­prinzip hat auch unsere Regierung anscheinend nie gehört, denn sie hat ja diese "Hartz"-Gesetze geschaffen! Für sie ist es wohl normal, wenn einer, der nicht arbeitet nicht essen soll (Müntefering) und gezwungen wird, irgendwas (mitunter Idiotisches) zu tun. Ein krasses Beispiel ist der Kauf­mannsladen in Hamburg. Das ist Zwangsarbeit. Und Zwangs­arbeit hat in einer Demokratie und einem Sozial­staat nichts zu suchen! 

Auch Ralph Boes wäre - trotz permanenter Öffentlichkeit - längst verhungert oder erfroren, s. linke Spalte! Nur durch unsere Solidarität war es möglich, dass er überleben und seine Arbeit für uns alle, auch für jene die noch arbeiten(!), fortsetzen kann. 

Zum ersten Mal seit 2008 hatte es mich im vorigen Jahr selbst getroffen: vom 01.04. bis 30.10.2015 wurde ich sanktio­niert. Die erste Sanktion wurde vom Jobcenter bereits zurückgezogen, die Klagen gegen die zwei letzten Sanktionen dauern noch an. 

Doch einen Teilerfolg gibt es bereits: Sanktionen dürfen sich nicht mehr auf­summieren, zumindest hier in Dresden. Leider ist das noch nicht überall der Fall, jedes Gericht sieht es eben anders. 

 

Zum Hergang:

Als Freischaffende mit 61 Jahren sollte ich mich - gegen meinen Willen - wieder bewerben, beruflich neu orientieren und genau dieses Bewerbungs­training absolvieren, wie in dem Wallraff-Film "Unzumut­bare Zustände" durchleuchtet, nur ohne Lamas, aber bestimmt mit Stuhlballett, Labyrinth mit Minentreten u.ä. lustigen Übungen - und das 8 Wochen lang! 

Gewiss, das brauche ich unbedingt, ich hab ja sonst nichts zu tun! Wo kämen wir denn hin, wenn hier jeder macht was er will und nur noch für sein Geschäft oder die Kunst arbeitet, einen Angehörigen pflegt oder gar sein Kind großzieht und der Wirtschaft nicht zum Verheizen zur Verfügung steht?! 

Doch wir leben nicht für die Wirtschaft, sie hat für uns da zu sein. Die Wirtschaft soll den Menschen dienen, nicht umgekehrt!  

Was soll also diese Maßnahme oder eine Bewerbung für mich noch bringen? Es gibt kaum Arbeit, meine Sachbearbeiterin hat meinen Begleitern jedes Mal versichert, dass sie nichts für mich hat. Das glaube ich gern, der propagierte Fach­kräfte­mangel ist ein Mythos, der nur der Lohndrückerei dient. Der Arbeits­markt ist hart umkämpft und die Unternehmen warten nicht auf eine Selbst­ständige, die nächstes Jahr in Rente geht!  

Affronts sind leider nichts Ungewöhnliches in den Jobcentern, dafür gibt es unzählige Beispiele, einige sind hier aufgezählt. Doch für die Miss­stände gebe ich nicht den Sachbearbeitern die Schuld, Schuld hat die Politik, die mit den faschistischen "Hartz"-Gesetzen ein Klima der Angst unter das Volk sät, das nur der Gewinnsteigerung der Unternehmen dienen soll. 

Die Sachbearbeiter in den Jobcentern sind dabei nur Opfer wie wir "Hartzler" selbst, Opfer dieser verkorksten Politik! Wie einst die Probanten im Milgram-Experiment werden sie manipuliert und mit internen Weisungen unter Druck gehalten. 

Aber sie machen mit: 

Sie ein Rädchen im Getriebe dieses faschistischen Systems, fungieren als Kapos und Kollaborateure im REICH der Arbeitslosen, wofür sie sich nach dem Sturz dieses Regimes werden verantworten müssen, wie einst Hitlers Sekre­tärin, die Sekretärin von Rudolf Hess oder der Buchhalter von Auschwitz u.v.a. Schreibtischtäter auch. Jede Diffamierung, jede Sanktion ist der Schalter für den Stromschlag, der Hartz IV-Empfänger gefügig machen soll! Nur dass Hartz IV kein harm­loses Experiment ist, sondern die Wirklichkeit, die für uns mit Obdachlosigkeit und Tod endet! 

Wir brauchen keine Lager mehr, Hartz IV tötet auch so und das viel effek­tiver. Und die Politiker, deren Aufgabe es ist, den kleinen Bürger, dem sie ihre Posten in der Regierung zu verdanken haben, vor Willkür und Schaden der Behörden und Mächtigen zu schützen, lassen sie ungestraft gegen ihn ge­wäh­ren: Sie hebeln das Grundgesetz aus, unterstützen deren Vorgehen mit ent­sprechenden Gesetzen und begrüßen die Schikanierung und Sank­tio­nie­rung in den Jobcentern! Dabei erfüllen die Diffamierungen einiger "Vorbilder" den Straftat­bestand der Volksverhetzung, s. Brandbrief von Ralph Boes, "Gegen Hartz" oder deutlicher noch auf der Seite: Die Opfer der Agenda 2010, unter "Die bestehende Menschen­ver­achtung..." in der linken Spalte.

Da greift man sich nur an den Kopf. 

Saman Mohammadi fand dazu die passenden Worte: "Eine Regierung, die ihren eigenen Prinzipien und Gesetzen nicht treu ist, verdient es nicht, dass man auf sie hört oder ihr folgt." Recht hat er.  

Nach 11 Jahren Hartz IV ist es längst überfällig, dem Treiben der Regierung und den Jobcentern einen Riegel vorzuschieben und diese "Hartz-Gesetze" zu kippen! Eine Richtervorlage aus Gotha, der sich das Dresdner Sozialgericht angeschlossen hatte, ist kürzlich von den Karlsruher Richtern abgelehnt worden. Doch die Begründung lässt hoffen, und wie Ralph sagt: "Es ist noch nichts verloren!"

Timothy Speed, Künstler und Autor, hat gegen seine Ein­glie­derungs­vereinbarung per Verwaltungsakt Straf­anzeige beim General­staatsanwalt erstattet, Zitat aus seinem Hörbeitrag:
   

"Es ist eine Zumutung für die Zivilgesellschaft, dass wir uns als Künst­lerInnen wieder eingliedern lassen sollen, was ja fundamental der Kunstfreiheit widerspricht. Daraufhin wurde mir die Wiederein­gliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt aufgezwungen. Ich habe dann Strafanzeige beim Generalstaatsanwalt erstattet. Die General­staats­anwaltschaft hat daraufhin dem Jobcenter klar gemacht, dass so mit Kulturschaffenden nicht umzugehen ist. 
Was im Detail passiert ist, wurde zwar nicht öffentlich kommuniziert, weil man sich, was ein weiterer Skandal ist, eben auch bedeckt hält und nicht will, dass dies zum Präzedenzfall wird. 
In weiterer Folge wurde klar gestellt, dass ich Recht hatte, also, dass der Staat sich hier nicht einzumischen hat. Die Wieder­ein­glie­derungs­vereinbarung wurde somit zurückgezogen."

Na also, es geht doch! Wir sollten den Kampf nicht aufgeben! 

Nachdem was ich um die Aktion mit Ralph Boes erlebt habe und noch erlebe, scheint der Tod der "Waste-Klasse" von der Regierung gewollt zu sein: Das Ignorieren und Wegwischen unserer Belange, Antworten, die keine sind, Hin- und Herschieben der Zuständigkeit, Mainstream­medien, die nicht berichten (dürfen) und/oder kein Interesse an dem Thema zeigen, geplante schärfere Gesetze, s. gegen-hartz.de sowie das Belagern von "Hartz IV-Familien", Beamte, die nicht ermitteln, um nur einige Beispiele zu nennen. Das erinnert mich sehr an das Ende der DDR.

 

Die Rechtslage

Wie eingangs erwähnt, hat sich in Deutschland ein Staat im Staate mit totalitären Strukturen etabliert, die Rechtslage ist prekär: Jeder Sach­bear­beiter amtiert als Ermittler (Polizist), Ankläger (Staatsanwalt), Urteilender (Richter) und Voll­strecker (Henker) in einem. Eine wirkliche Verteidigung ist nicht vorgesehen: Das Urteil wird sofort vollstreckt, ohne aufschiebende Wirkung. 

Bei echten Straftaten dagegen ist sie gesetzlich verankert: Ein mutmaß­licher Täter wird erst bestraft, wenn das Urteil gefällt und rechtskräftig ist. Bei uns "Hartzlern" ist das umgedreht, denn der Gedemütigte muss selbst aktiv werden, um an sein Recht zu gelangen - und das mitunter ohne finanzielle Mittel. 

Eine verdrehte Welt, die es so nicht geben dürfte: Der kleine "Berater" wird damit zum Herrscher über Existenzen, über Familien, ja selbst über Leben und Tod! 

Mit einem Rechtsstaat hat das nichts zu tun. 

Bereits 1954 urteilte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 1/161f.):

"Der Einzelne ist zwar der öffentlichen Gewalt unterworfen, aber nicht Untertan, sondern Bürger. […] 

Die unantastbare, von der staatlichen Gewalt zu schützende Würde des Menschen (Art. 1) verbietet es, ihn lediglich als Gegenstand staatlichen Handelns zu betrachten, soweit es sich um die Sicherung des "notwendigen Lebensbedarfs" […], also seines Daseins überhaupt, handelt..." 

Weiter heißt es: 

"Mit dem Gedanken des demokratischen, Staates (Art. 20) wäre es unvereinbar, daß zahlreiche Bürger, die als Wähler die Staats­gewalt mitgestalten, ihr gleichzeitig hinsichtlich ihrer Existenz ohne eigenes Recht gegenüberständen..."

Gestärkt wurden unsere Grundrechte durch das Bundes­verfassungs­gericht (BVerfG) am 09.02.2010, in dem es heißt (Auszüge):

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums... sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesell­schaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht... hat als Gewährleistungsrecht... eigen­ständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden...

Dieses Grundrecht stellt also laut Verfassungsgericht ein Gewähr­leistungs­recht dar. Daraus ergibt sich aber auch eine Gewährleistungs­pflicht des Staates, dieses menschenwürdige Existenzminimum auch zu gewähren und zu gewährleisten. 

Und dieses Grundrecht darf auch nicht durch vorgeschaltete Fremd­forde­rungen eingeschränkt werden (Wohlverhalten des Leistungs­berechtigten, Annahme jedes Arbeitsangebots, Folgeleistung sog. Einladungen, Teilnahme an Maßnahmen u.s.f.) 

Auch ein Sachbearbeiter des Jobcenters muss sich an das Grundgesetz (GG) halten und macht sich bei Verstoß strafbar. Selbst wenn er kein Beamter sein sollte, handelt er als Teil der Exekutive, eingebunden in das bestehende Gesetzeswerk der Bundesrepublik Deutschland! 

Das GG steht über dem SGB II und er ist im Zweifelsfall verpflichtet zu remon­strieren, s. Wikipedia. Eine Sanktion ist ein klarer Fall, die Gehorsams­pflicht zu verweigern, denn der Hartz IV-Satz ist das Minimum! 

Die vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Mindestbeträge zur Siche­rung eines menschenwürdigen Existenzminimums dürfen nicht unterschritten werden, s. Urteil des BVG vom 18.07.2012 und hier. Leistungen nach dem Asyl­bewerberleistungsgesetz dürfen auch bei Fehlverhalten nicht gekürzt werden, s. Urteil des SG Frankfurt am Main vom 10.09.2013. Eine Leistungs­kürzung verstößt gegen die Menschen­würde.

Und was für Asylbewerber gilt, muss auch für uns gelten! In einem Rechts­staat dürfen Menschen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden!

Wenn Politiker und Jobcenter-Mitarbeiter glauben, Leistungsempfän­ger noch "erziehen" zu müssen, können sie gern 100 Euro mehr auszahlen. Und diese 100 Euro können sie dann kürzen, aber keinen Cent mehr! 

 

Für meine Mitstreiter:

Die Steuerzahlerkeule 

ist ein beliebtes Mittel der Jobcenter-Mitarbeiter (und einiger Politiker) jede Argumentation gegen eine sinnfreie Maßnahme sofort totzu­schlagen und uns auf politischem Kurs zu halten. 

Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen! Wir sind alle Steuerzahler, auch wir Hartzler:

Beim Bäcker, Fleischer, im Konsum o.a. Geschäften zahlen wir mit jedem Kauf eines Produkts brav unsere MwSt. Auch alle beim Unter­nehmen angefallenen Lohn- und Einkommenssteuerkosten der Mitarbeiter, ihre Sozialversiche­rungs­beiträge, die Steuern des Unter­nehmens und des Unter­nehmers tragen wir mit, da auch sie wie alle Lohnkosten, Kranken­kassen­beiträge, ja selbst die Heiz-, Strom- und Versicherungskosten des Geschäftes/Betriebes, in die Preise einkalkuliert worden sind!  

Wir liegen also nicht etwa, wie uns ständig suggeriert wird, dem Steuer­zahler auf der Tasche, sondern geben mit jedem Kauf, jedem Klick auf den Schalter in unserer Wohnung, mit  jedem Telefonat alle Sozialleistungen wieder zurück in den Kreislauf des Geldes. 

Außerdem erhalten auch Arbeitnehmer Steuergelder: Allein der Lohnsteuer­freibetrag macht ungefähr die Hälfte des Hartz IV-Satzes aus. Dazu erhält der Arbeitnehmer eine Werbungskostenpauschale, Kindergeld, Erziehungsgeld usw., die alle bei uns "Hartzlern" nicht ankommen. 

Arbeitgeber und - vor allem große - Firmen werden darüber hinaus mit Steuern, die Hartz IV um Dimensionen übersteigen, öffentlich subventioniert.

Wir müssen also vor niemandem katzbuckeln: Wir sind Bürger wie alle ande­ren und nicht Menschen 2. und 3. Klasse, auch keine Bittsteller! Der Bezug von Leistungen ist unser gutes Recht, wenn wir uns, bspw. bei Arbeits­losigkeit oder Krankheit, nicht selbst versorgen können. Und die "Berater" wiederum sind ver­pflichtet, uns nach dem Grundgesetz auf Augenhöhe auch als Bürger zu behandeln - nicht als "Kunden", denn ich kaufe dort nichts! 

Sie haben richtig gelesen: nach dem Grundgesetz, welches über dem SGB II steht! Lt. § 1 des GG ist die Würde des Menschen unantastbar. 

 

Die Schuldfrage

Sie sind nicht schuld an Ihrer Situation! Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen einreden, weil Sie entlassen worden sind: Unternehmen bezahlen Ingenieure (Fachleute), die dafür sorgen sollen, dass Produkte effizienter hergestellt und Personal eingespart werden kann. Wenn diese Fachleute gut sind, wird auto­matisiert und daraus folgen nun mal Entlassungen. Und der Staat fördert durch die Steuergesetze die Rationalisierung! Bspw. wird die Anschaffung von Maschinen vollständig von der Steuer abgeschrieben. Von Maschinenarbeit sind keine Steuern und Sozialabgaben zu entrichten, so dass sie wesentlich billiger als menschliche Arbeit ist.

Wir sind also entlassen worden, weil sich der Betrieb entweder keine guten Ingenieure leisten konnte und eingegangen ist, oder das Unternehmen uns aus Kostengründen durch Roboter und Maschinen ersetzt hat! Und daran sind nicht wir schuld!

Lassen Sie sich auch kein schlechtes Gewissen einreden, dass Sie nicht genug tun, um Arbeit zu finden: Durch die Agenda 2010 gibt es schon jetzt kaum Arbeit, die so bezahlt wird, dass man davon leben kann: Nur 1,8% der Erwerbs­losen finden überhaupt eine sozialpflichtige Stelle - wie die bezahlt wird, steht nicht dabei - alle anderen sind ohnehin prekäre Jobs mit Dreh­türen­effekt, bei dem man nach spätestens einem halben Jahr wieder auf der Matte des Jobcenters steht. 

Auch an dieser Situation tragen Sie keine Schuld!  

Wir sind auch nicht ca. 3 Mio. Arbeitsuchende, wie es uns jeden Monat aufs Neue weisgemacht wird, wir sind (Stand März 2015) über 7 Millionen! Herr Jahnke sprach im August 2014 sogar von 10,6 Millionen! Die Statistik, die er zugrunde legte, datiert zwar vom Februar 2014, s. rechte Spalte: "Jahnkes Wochenbrief", zeigt aber deutlich, dass die Zahlen nach Gutdünken mani­puliert werden können: Es kommt auf den Standpunkt des Betrachters an, welche "Tortenstücke" er berechnen will und welche nicht.

Beispiel: 

Im Jahr 2013 gab es über eine Million Sanktionen. Gleichzeitig wurde gesagt, dass die Sanktionen nur 3,2 Prozent der Hartzler betreffen würden… 
Das rechne man mal quer! Ich hab's gemacht: Ausgehend von der offiziellen Zahl mit 3 Mio. Arbeitslosen müsste demnach jeder "Unbeugsame" mehr als 10,4 Sanktionen pro Jahr bekommen haben... Selbst wenn sich Sanktionen über­schnitten haben ist diese Zahl sehr unwahrscheinlich, weil jede Sanktion 3 Monate läuft. Gehe ich aber von 7 Mio. Arbeitslosen aus, sind es fast 4,5 Sanktionen pro Jahr. Das wäre eher denkbar, vorausgesetzt die genannte Prozentzahl stimmt... 

Nur 650.000 Stellenangebote gab es 2015 zu besetzen - und selbst wenn alle Kriterien zwischen Jobangebot und Bewerber zueinander passen würden - es geht schon rein rechnerisch nicht, dass jeder eine Arbeit finden kann! Das ist Unsinn - und wer so etwas behauptet und von Vollbeschäftigung faselt, gehört abgeschafft, erst recht, wenn er die Statistiken schön- und die Probleme, besonders in den Jobcentern, ignoriert oder wegredet, wie in dem Wallraff-Film bewiesen!

Fazit: Die Industrie braucht uns kaum noch, und darauf müssen wir uns in Zukunft immer mehr einstellen! 

Um die daraus resultierenden sozialen Härten abzufedern, kämpfen Ralph Boes, Götz Werner, der Chef von "dm" und viele andere für ein bedingungs­loses Grundeinkommen - für alle. Auch in der Schweiz u.a. europäischen Ländern ist man sich dieser Entwicklung bewusst und hat sich der Aufgabe gestellt, s. rechts, rote Rubrik "Alternativen zum bisherigen System: Grund­einkommen - Kulturimpuls". 

Jeder hat ein Recht auf ein Einkommen. Denn wenn wir den Begriff "arbeitslos" genau betrachten, ist keiner von uns wirklich arbeitslos: er ist von der Erwerbsarbeit freigestellt worden! Und ein Freigestellter ist niemals arbeitslos: er hat den ganzen Tag damit zu tun, die Forderungen des Job­centers in der Eingliederungsvereinbarung zu erfüllen: Er muss Bewer­bungen schreiben, in Maßnahmen gehen, sich über Gesetze kundig machen, evtl. auch klagen, Anträge ausfüllen, Widersprüche schreiben, zum Rapport antreten und sein Tun und Lassen rechtfertigen. Außerdem muss er seinen Haushalt erledigen, die Kinder versorgen, die schulischen Leistungen kon­trollieren... usw., usw. Er ist voll beschäftigt! Auch jemand der seinen Angehörigen pflegt hat rund um die Uhr zu tun! 

Ja selbst ein Obdachloser ist den ganzen Tag mit Essen und Schlafplatz suchen oder Flaschen sammeln beschäftigt – er ist doch nicht arbeitslos, er hat nur kein Einkommen, er ist einkommenslos und dadurch obdachlos geworden! Und daran ist nicht er schuld! 

Es ist ohnehin ein Skandal, dass Menschen in einem "Sozialstaat" ihr Obdach verlieren, dass die Zahl der Obdachlosen weiter ansteigt, weil sie u.U. sanktioniert worden sind und ihre Miete nicht mehr bezahlen konnten! 

Und es ist ein weitaus größerer Skandal, dass trotz Millionen fehlender Stellen jährlich 1 Million Sanktionen aufgrund eines menschenverachtenden faschistischen Gesetzestextes verteilt und die Leute ihrem Schicksal über­lassen werden! 


28. April 2015 - letzte Aktualisierung am 03. Juli 2016 

Evelyne Koitzsch